10.4.12

ERNST BLASS: KREUZBERG





ERNST BLASS


KREUZBERG 1

Blaßmond hat Hall und Dinge grau geschminkt.
Das Wundern lernte selbst der karge Greis,
Der unten, auf der Bank, im engsten Kreis
Vor sich den mageren Spazierstock schwingt.

Da liegt die große Stadt: schwer, grau und weiß,
Ein Rauchen, Greifen, Atmen, daß es stinkt.
Eh sie dem heil'gen Tag das Dunkle wild entringt,
Erwachen Nerventräume, blaß und heiß.

Fort mit dem süßen Blick! Fort mit dem Kusse!
Hörst du die roten Nacht- und Not- Alarme?
Die heißen, blassen Träume sind verstreut.

Mir stehen riesige, liebes-, hasseswarme
Gebäude zu durchwandern weit bereit.
Da unten rollen meine Autobusse!  



KREUZBERG 2

Wir schleifen auf den müdgewordnen Beinen
Die Trägheit und die Last verschlafner Gierden.
Uns welkten (ach so schnell!) die bunten Zierden.
Durch Dunkliges kriecht geil Laternenscheinen.

Im Trüben hat ein träger Hund gebollen.
Auf Bänken übertastet man die Leiber
Zum Teile gar nicht unsympathscher Weiber.
Die schaukeln noch - wir wissen, was wir wollen.

Du gähnst mich an - in deinem Gähnen sielt
Sich halbverfaulte Geilheit. Hundgebelle.
Und durch das überlaubte Dings da schielt,
In Stein gemetzt, der Bürgermeister Zelle.

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