24.2.15

HERMANN HESSE: ABENDS




HERMANN HESSE


ABENDS

Abends gehn die Liebespaare langsam durch das Feld.
Frauen lösen ihre Haare, Händler zählen Geld,
Bürger lesen bang das Neuste in dem Abendblatt,
Kinder ballen kleine Fäuste, schlafen tief und satt.

Jeder tut das einzig Wahre, folgt erhabner Pflicht,
Säugling, Bürger, Liebespaare - und ich selber nicht?
Doch! Auch meiner Abendtaten, deren Sklav ich bin,
kann der Weltgeist nicht entraten, sie auch haben Sinn.

Und so geh ich auf und nieder, tanze innerlich,
summe dumme Gassenlieder, lobe Gott und mich,
trinke Wein und phantasiere, dass ich Pascha wär,
fühle Sorgen an der Niere, lächle, trinke mehr,

sage ja zu meinem Herzen (morgens geht es nicht),
spinne aus vergangnen Schmerzen spielend ein Gedicht,
sehe Mond und Sterne kreisen, ahne ihren Sinn,
fühle mich mit ihnen reisen, einerlei wohin.

2 σχόλια:

Ανώνυμος είπε...

Vorerst: Dank und Anerkennung für diesen Blog - auch für einen Leser mit deutscher Muttersprache stets eine Bereicherung und Überraschung!

Eine kleine Tippfehler-Korrektur: natürlich heisst es:
'kann der Weltgeist nicht entraten' (entarten etc. ist ja sowieso ein Unwort...)
Mit bestem Gruss
F.Koepfli

Γιωργος Κεντρωτης είπε...

@ F.Koepfli: Bereits korrigiert! Danke schoen! Gruesse aus Korfu / Griechenland!