11.1.10

JOHANN WOLFGANG VON GOETHE: NÄHE DES GELIEBTEN


JOHANN WOLFGANG VON GOETHE (1749-1832)


NÄHE DES GELIEBTEN


Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
    Vom Meere strahlt;
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
    In Quellen malt.

Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
    Der Staub sich hebt;
In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
    Der Wandrer bebt.

Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
    Die Welle steigt.
Im stillen Haine geh' ich oft zu lauschen,
    Wenn alles schweigt.

Ich bin bei dir; du seist auch noch so ferne,
    Du bist mir nah!
Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
    O wärst du da!

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