16.8.09

GEORG HEYM: AN DAS MEER


GEORG HEYM (1887-1912)


AN DAS MEER


Dich grüßet noch das Land der Hesperiden
Im Untergang, mit Wäldern, rot betaut,
Wenn von den Bergen weit auf deinen Frieden
Des stillen Herbstes großes Auge schaut,

Und jede Nacht entzünden in den Steinen
Meergötter sich ein Feuer mit Gesang,
Wo Segel, die im Mondlicht fern erscheinen,
Ziehn wie ein Traum den Rand der Flut entlang.

Noch glänzet Joppe. Und noch schreiten immer
Die Frauen mit den Krügen aus dem Tor,
Wo deiner Buchten großer Rosenschimmer
Mit schwarzem Duft erfüllt der Locken Flor.

Noch rauscht der Nil hervor aus grünen Sternen,
Ein Brunnen still. Und das Geheimnis klingt
In weiter Wüstennacht in blauer Ferne,
Die bis zum Atlas mit dem Fittich schwingt

Und Mauretania, das weitbeglänzte,
In seidenen Feldern, wie ein Goldhelm schön,
Wo einst Karthagos Flammen gelb umkränzte
Gellender Pfeifen Schrei und Meergetön.

Und aller Inseln windig bunte Stirnen
Hören noch immer deinen Sang, o Meer,
Wenn unter deines Gottes blauem Zürnen
Du brausend bäumst um Stein und Höhlen her,

Und rauscht ihr Bergwald deinem Ton zusammen
Urewig brausend über wilden Pont,
Wenn nachts der Wetter rote Häupter flammen
Mit Feuerlocken weit im Horizont.

Manchmal ertönet noch der Hirtenflöte
Einsames Lied auf deiner Bläue fort,
Wenn, überraucht von großer Abendröte
Du leise schwimmst an ihrer Insel fort.

Dann liegen weiß von Stürmen und von Jahren
Die Wogen ruhig auf dem grünen Strand,
Seefahrern
Und kommen wieder in der Heimat Land.

Und etwas tauchen aus der Flut, der matten,
Gesichter, wesenlos vom Totenreich,
Wenn draußen weit in grauen Abendschatten
Der Mond heraufkommt mit den Hörnern bleich.

Ewiges Meer, im Land der Morgenfrühen
Gewiegt von Winden, wie ein Gott so rein,
Und wenn der Wolken große Städte ziehen
Im Abend in verwelkter Himmel Schein,

O Meer, ich grüße deine Ewigkeiten,
Das unter träumenden Gestirnen wallt,
Verlorner Wandrer, in die Nacht zu schreiten,
Ich, wie ein Horaruf, der schnell verhallt.

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