3.9.08

ISOLDE KURZ: GNADENWAHL


ISOLDE KURZ (1853-1944)


GNADENWAHL


Ach, ein Leben ohne Liebe
Rinnt in des Vergessens Fluten,
Ist ein Frühling ohne Triebe,
Ist ein Sommer ohne Gluten,
Ohne Erntetag ein Herbst.
Wer die Liebe nie gewonnen,
Steht verbannt vom Lebensbronnen.

Ob sie heilig ihn entflammte,
Keiner Künste wird er Meister,
Nicht die Stätte der Verdammten,
Nicht der Chor der sel'gen Geister,
Ihn umfängt das Zwischenreich.
Wem die Liebe sich verschlossen,
Schemen hat er zu Genossen.

Wen ihr Atem nur berührte,
Wer des fliehenden Gewandes
Saum nur an die Lippen führte,
Ist ein Bürger ihres Landes,
Den Erkornen zugesellt,
Wen sie hielt in ihren Armen,
Nimmer kann er ganz verarmen.

Schwand sie hin in Erdenferne,
Weilt nicht länger wärmespendend,
Wandelt sie zum schönsten Sterne
Ihre Flamme strahlensendend,
Zieht das Aug' zum Äther auf,
Für die Freuden, die zerstoben,
Leiht sie Bürgerrecht dort oben.

O wie sanft der Lieb' im Arme
Sinkt das Haupt zum langen Schlummer!
Und sie wacht in ihrem Harme
Eine Weile noch als stummer
Hüter an dem heil'gen Grab.
Bis auch ihr die Wimpern fallen
Und die Schleier niederwallen.

Ach, ein Leben ohne Liebe
Rinnt in des Vergessens Fluten,
Ist ein Frühling ohne Triebe,
Ist ein Sommer ohne Gluten,
Ohne Erntetag ein Herbst.
Wer zur Liebe nicht geboren,
Dort und hier ist er verloren.

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