27.9.09
THEOBALD HOCK: VON ART DER DEUTSCHEN POETEREY
THEOBALD HOCK (1573-1625)
VON ART DER DEUTSCHEN POETEREY
Die Deutschen haben ein b'sonder Art und Weise /
Dass sie der fremden Völker Sprach mit Fleisse /
Lernen und wöllen erfahrn /
Kein Müh nicht spar'n /
In ihren Jahren.
Wie solches den ist an ihm selbs' hoch z'loben /
Drauss man ihr Geschicklichkeit gar wol kan proben /
Wenn sie nur auch ihr eigene Sprachen /
Nit unwerth machen /
Durch solche Sachen.
Den ander Nationen also b'scheide /
Ihr Sprach vor ändern loben und preisen weidte /
Manch Reimen drin dichten /
So künstlich schlichten /
Und z'sammen richten.
Wir wundern uns dass die Poeten gschriben /
So künstlich Vers und Meisterstück getrieben /
Dass doch nit ist solch wunder /
Weil sie gschrieben b'sunder /
Ihr Sprach jetzunder.
Den sein Ouidius und Maro Gierte /
Nit gwesen Reimer also hoch geehrte /
Die sie in der Mutter Zungen /
Lateinisch gsungen /
Dass ihnen g'lungen.
Warumb sollen wir den unser Teutsche Sprachen /
In gwisse Form und Gsatz nit auch mögen machen /
Und Deutsches Carmen schreiben /
Die Kunst zutreiben /
Bei Mann und Weiben.
So doch die Deutsche Sprach vil schwerer eben /
Alss ander all / auch vil mehr müh thut geben /
Drin man muss obseruiren /
Die Silben recht führen /
Den Reim zu zieren.
Man muss die Pedes gleich so wol scandiren,
Den Dactilum und auch Spondeum rieren /
Sonst wo das nit würd gehalten /
Da sein d'Reim gespalten /
Krumb und voll falten.
Und das nach schwerer ist so sollen die Reime /
Zu letzt grad zsammen gehn und gleine /
Das in Lateiner Zungen /
Nit würdt erzwungen /
Nicht dicht noch g'sungen.
Drumb ist es vil ein schwerer Kunst recht dichten /
Die Deutsche Reim alls eben Lateinisch schlichten /
Wir mögen neue Reim erdencken /
Und auch dran hencken /
Die Reim zu lencken.
Niembt sich auch billich ein Poeten nennet /
Wer d'Griechisch und Lateinisch Sprach nit kennet /
Noch d'Singkunst recht thut riehen /
Vil Wort von Griechen /
Ins Deutsch her kriechen.
Noch dürffen sich vil Teutsche Poeten rühmen /
Sich also schreiben die besser zügen am Riemen /
Schmiden ein so hinckets Carmen,
Ohn Fuss und Armen /
Das zuerbarmen.
Wenn sie nur reimen z'sammen die letzte Silben /
Gott geb wie die Wörter sich uberstilben /
Das jrret nicht ihre zotten /
Ein Handt voll Notten /
Ist baldt versotten.
O wenn sie sollen darfür an d'Hacken greiften /
Und hacken Holtz / wenn es nit khride zu Pfeiffen /
Khridts doch zu Poltzen selber /
Sie trügen doch gelber /
Für Lorber Felber.
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