19.10.08
SIMON DACH: LOB DER LIEBE
SIMON DACH (1605-1659)
LOB DER LIEBE
1.
O liebe / herzen-binder /
Du herr der freundlichkeit
Und aller guten zeit /
Du zwietracht überwinder /
Du grosser wohlfahrt heger /
Wie daß die ganze welt
Dir hin zu fusse fällt /
Und folget deinem läger?
2.
Wie weist du einzusperren
Des scepters ganze macht!
Dir dient der cronen-pracht /
Der knecht auch samt dem herren.
Das alter wird gerissen
Zwar an dein strenges joch /
Die jugend pflegst du doch
Am meisten einzuschliessen.
3.
Du wagst dich in die wangen
Der frauen-bilder hin /
Und führst den starcken sinn
Der männer so gefangen.
Was keine macht kan brechen /
Kein stahl / kein fallend bley /
Was keine tyranney /
Weist endlich du zu schwächen.
4.
Du hast die welt gelehret
Das / was sie gutes hat /
Daher auch dorff und stadt
Dir billich zugehöret:
Daß wir die felder bauen /
Nach ehr und gütern stehn /
Tieff in das erdreich gehn /
Uns wind und wellen trauen.
5.
Wodurch wir zugenommen /
In aller pracht und zier
Muß eigentlich von dir /
Du weltbereicher / kommen.
Du endest angst und leiden;
Greiffst du / o amor! an /
Und hilffst / so träget man
Des creutzes last mit freuden.
6.
Durch dich muß alles werden /
Was vieh und menschen noth /
Ohn dich komt weder brodt
Noch weinwachs aus der erden:
Wie schön die vögel singen /
Wie frölich durch das meer /
Der fische schaar / das heer
Der thier im walde springen;
7.
Wie lustig sich mit tänzen
Das volck der sternen macht /
Wie helle bey der nacht
Sie um den mond her glänzen;
Wie schnell der sonnen-räder /
Wie lieblich lufft und wind /
Wie angenehm uns sind
Die brunnen / flüsse / bäder.
8.
Doch wäre nichts zu spüren
Von allem / was man kennt /
Wenn du das regiment
Nicht / liebe / soltest führen.
Glückseelig ist die stunde /
Kriegt anders zeit hie stat
Da gott gezeugt dich hat /
Aus seines herzen grunde.
9.
Man hat von keinen plagen
Da irgend wo gewust /
Und nur von lauter lust
Und freude können sagen;
Da war kein haß vorhanden /
Kein argwohn und kein streit /
Fried und gerechtigkeit
Sind um dich her gestanden.
10.
Man sieht noch itzund leben
Und grosses wohlergehn
An allen orthen stehn /
Wo du dich hinbegeben /
So komm nun dein begnügen
Umschließ auch dieses paar
In eintracht immerdar /
Die ehlich itzt sich fügen.
11.
Du bist es / den wir singen /
Du und das wahren guth /
Der uns das liebste thut /
Gott selbst für allen dingen:
Wir werden angetrieben
Zu sagen: er allein
Muß selbst die liebe seyn /
Die er so rein kan üben.
12.
O seelig / seelig wären
Wir menschen allerseit!
Die wir durch haß und streit
Erbärmlich uns verzehren /
Wenn doch auch uns die liebe /
Die alles hie und da /
Und selbst den himmel / ja
Am meisten gott treibt / triebe.
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