19.9.08
INGEBORG BACHMANN: IM ZWIELICHT
INGEBORG BACHMANN (1926-1973)
IM ZWIELICHT
Wieder legen wir beide die Hände ins Feuer,
du für den Wein der lange gelagerten Nacht,
ich für den Morgenquell, der die Kelter nicht kennt.
Es harrt der Blasbalg des Meisters, dem wir vertrauen.
Wie die Sorge ihn wärmt, tritt der Bläser hinzu.
Er geht, eh es tagt, er kommt, eh du rufst, er ist alt
wie das Zwielicht auf unsren schütteren Brauen.
Wieder kocht er das Blei im Kessel der Tränen,
dir für ein Glas - es gilt, das Versäumte zu feiern -
mir für den Scherben voll Rauch - der wird überm Feuer geleert.
So stoß ich zu dir und bringe die Schatten zum Klingen.
Erkannt ist, wer jetzt zögert,
erkannt, wer den Spruch vergaß.
Du kannst und willst ihn nicht wissen,
du trinkst vom Rand, wo es kühl ist
und wie vorzeiten, du trinkst und bleibst nüchtern,
dir wachsen noch Brauen, dir sieht man noch zu !
Ich aber bin schon des Augenblicks
gewärtig in Liebe, mir fällt der Scherben
ins Feuer, mir wird er zum Blei,
das er war. Und hinter der Kugel
steh ich, einäugig, zielsicher, schmal,
und schick sie dem Morgen entgegen.
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